Jüdisches Leben am Altrhein
Die Juden vom Altrhein - die Dokumentation in Buch und Kurzfilm (SWR)
Als Initialzündung für das Entstehen des Werks kann eine Ausstellung im Museum der Verbandsgemeinde Eich angesehen werden, die im November 2008 unter dem Titel „Spurensuche“ die Geschichte der Juden aus Alsheim, Eich, Gimbsheim, Hamm und Mettenheim vorstellte. Anstoß für die Autoren Hans-Dieter Graf und seine Frau Martina (beide studierte Buchwissenschaftler, Publizisten und Philosophen) sowie Grafs Schwester Gabriele Hannah (Studium der Germanistik und Amerikanistik), sich intensiv mit der Thematik zu befassen.
Recherchiert wurden insgesamt annähernd 800 Biografien mit − je nach Quellenlage − kürzeren oder längeren Lebensläufen. Daneben wurde versucht, die familiären Beziehungen innerhalb der jüdischen Familien in den drei Gemeinden zu veranschaulichen: Familienstrukturen, die über Generationen hinweg intakt waren, und der verwandtschaftliche Zusammenhalt, der weit über den engen Familienkreis hinausging, traten so, trotz großer geografischer Entfernungen und unterschiedlicher Lebensentwürfe, konkret hervor.
Die Arbeit ist mehr als nur eine historische Bestandsaufnahme und Rückbesinnung.
Vielmehr verfolgen die Autoren die Spuren der jüdischen Familien bis in die heutige Generation. Dabei skizzieren unbekannte und unveröffentlichte Abbildungen in Form von Fotos, Briefen, Dokumenten und Interviews das einstige Leben der Juden am Altrhein, in den Konzentrations- und Vernichtungslagern und in der Emigration.
Zusammen mit ihren Herausgebern, den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden aus Hamm, Eich und Gimbsheim und gemeinsam mit den Nachfahren möchten die Autoren eine Erinnerungsarbeit leisten und so mit diesem Werk zum gegenseitigen Verständnis und zur Versöhnung beitragen.
- Das Buch „Die Juden vom Altrhein“ ist im Nünnerich-Asmus Verlag erschienen. Es kostet 39,90 Euro und umfasst 560 Seiten sowie 465 Abbildungen. ISBN: 978-3-961760-20-6. Leseprobe
- Die Landesschau Rheinland-Pfalz (SWR Fernsehen) hat einen Fernsehbeitrag zum Thema "Jüdische Nachfahren reisen in rheinhessische Geburtsorte" erstellt. Die Schwestern Joana und Else sind aus Brasilien in die Verbandsgemeinde Eich/Rheinhessen gekommen, zusammen mit anderen Nachfahren jüdischer Familien, die vor etwa fast 80 Jahren von hier vor den Nazis geflüchtet sind.
- SWR Aktuell Rheinland-Pfalz "Bürger erforschen jüdische Geschichte" 21.1.2019 | 19.30 Uhr | 2:29 min
Die Autoren des Buches „Die Juden vom Altrhein“ wurden von der Obermayer-Stiftung in Berlin geehrt
Die jüdische Geschichte droht an vielen Orten immer mehr zu verschwinden. Damit das nicht geschieht, hat die Obermayer-Stiftung einen Preis ausgelobt, den German Jewish History Award. Dieser Preis ehrt Bürger für ihr Engagement zur Bewahrung jüdischer Geschichte.
Im Januar wurden Gabriele Hannah, Hans-Dieter und Martina Graf im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin der „German Jewish History Award“ der amerikanischen Obermayer-Stiftung für die engagierte Erforschung der jüdischen Geschichte ihrer Region, vor allem im Altrheingebiet, verliehen. Ausschlaggebend für die Auszeichnung war vor allem das 560 Seiten fassende Buch „Die Juden vom Altrhein“, welches das Trio nach langjähriger Recherche Mitte letzten Jahres veröffentlicht hat. Dafür erhielten die drei Autoren bereits am 9. November die Luther-Medaille des Dekanats Worms-Wonnegau.
Das Autorenteam hatte bei dem Festakt in Berlin auch eine Rede über ihre Arbeit und Motivation vor vielen Menschen gehalten und es gab Live-Mitschnitte. Fernseh- und Zeitungsinterviews waren auch angefragt. Eine Woche zuvor waren die Autoren mit einem SWR-Team zu Dreharbeiten in Eich vor der ehemaligen Synagoge und auf dem jüdischen Friedhof in Osthofen unterwegs gewesen.
Landsynagoge von 1891
Neue Pläne haben Hans-Dieter Graf, Martina Graf, Gabriele Hannah auch schon. Es ist die Hoffnung, mit ihrem Buch so viel Aufmerksamkeit für die jüdische Geschichte zu wecken, dass es gelingt, gemeinsam mit den Menschen vor Ort und den Nachfahren jüdischer Familien vom Altrhein eine der wenigen noch existierenden Landsynagogen zu erhalten: die 1891 erbaute Synagoge von Eich, die derzeit immer weiter verfällt.
Der ehemalige Backsteinbau, der 1936 verkauft und später als Stall und Lager genutzt wurde, ist ein Kulturdenkmal und zeigt noch die klassischen Zeichen einer Synagoge, mit ihren zwei Gebotstafeln auf der Giebelspitze.
2019-03-01_Wormser_Zeitung_Seite_18 Der Verfall der Synagoge in Eich (PDF, 380 kB, 13.03.2019)
2019-03-01_Wormser_Zeitung_Seite_19 Der Verfall der Synagoge in Eich Fortsetzung (PDF, 187 kB, 13.03.2019)